Die Gemeinden wollten selbständig bleiben. Dies war Motivation und Triebfeder bei der Gemeindereform 1972 für die Gründung des Gemeindeverwaltungsverbands Donau-Heuberg. Am 11.09.1972 kam die Verbandsversammlung in Buchheim zu Ihrer ersten konstituierenden Sitzung zusammen.
Mit einem Festakt und Festreden von Ministerpräsident a.D. Erwin Teufel und Landtagspräsident MdL Guido Wolf vor etwa 400 geladenen Ehrengästen und der geladenen Einwohnerschaft beging der Gemeindeverwaltungsverband in der Fridinger Festhalle das Jubiläum seines 40-jährigen Bestehens. Umrahmt wurde der Festakt durch die Stadtkapelle Fridingen.
„Zusammenkommen, Zusammenbleiben, Zusammenarbeiten“, diese Schlüsselworte aus einem Zitat von Henry Ford bildeten den Rahmen der Eröffnungsrede von Verbandsvorsitzenden Bürgermeister Konstantin Braun. Neben Altministerpräsident Erwin Teufel und Landtagspräsident MdL Guido Wolf galt sein besonderer Gruß den noch anwesenden Gründungsmitgliedern der ersten Verbandsversammlung, Johannes Müller aus Renquishausen, Johannes Epple aus Fridingen, Karl Schreiber aus Kolbingen, Bürgermeister Kurt Weiß aus Mühlheim und Bürgermeister Herbert Fußnegger aus Irndorf., allen aktiven und ehemaligen Gemeinderäten der Mitgliedsgemeinden, der Verbandsversammlung, Kirchengemeinderäte, Vereinsvorstände, Behördenvertreter und der Bürgermeister der Nachbargemeinden.
„Das Motiv unserer täglichen Arbeit ist Wirtschaftlichkeit, Service- und Bürgerorientierung. In jeder Gemeinde kann der Bürger wohnortnah auf das eigene Rathaus und alles erledigen, was man im Alltag braucht. Im Hintergrund erledigt der Verband gleichartige und gleichgelagerte Aufgaben effizient und fachkundig. Eine Einheitsgemeinde in der Größenordnung des GVV kann diese umfassende Bürgernähe und Wirtschaftlichkeit in dieser Form – also mit Verwaltungsverband und selbständiger Gemeinde – nicht bieten“ stellte Konstantin Braun fest.
Im politischen Bereich habe die Zusammenarbeit auf zahlreichen Handlungsfeldern Erfolg und Früchte getragen. Er sprach die Infrastruktur mit dem Ausbau der Landesstraßen sowie den Erhalt der Donautalbahn an. Die Bildungspolitik sei geprägt von wohnortnahen Grundschulen, Hauptschulen, Förderschule und eine Realschule in Mühlheim. Polizei und Notariat seine wichtige Einrichtungen für die Verbandsgemeinden. Die Seniorenpolitik sei mit differenzierten Betreuungsmöglichkeiten wie Nachbarschaftshilfe bis stationären Angeboten gut aufgestellt. Der Verband befasse sich mit Marketing und Tourismus. Er erwähnte das Fremdenverkehrsamt und das aktuelle Projekt die Beschilderung der Wanderwege. Nicht unerwähnt blieb auch die Informationstechnologie mit dem Portal für Bürger mit umfassenden Infos und Planunterlagen wie es kein Verband oder Gemeinde im Landkreis bietet. Auf dem Gebiet der räumlichen Planung und Entwicklung habe man einen rechtskräftigen Flächennutzungsplan durch den in nahezu allen Gemeinden – trotz umfangreicher Schutzgebiete – eine gewerbliche und wohnbauliche Entwicklung möglich sei und Vorsorge getroffen wurde. Aktuell befasse man sich in einem Leaderprojekt mit der Innenentwicklung. Er danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihre sachkundige und engagierte Arbeit.
Die Erfolgsfaktoren der Zusammenarbeit in einem Gemeindeverwaltungsverband und von Donau-Heuberg seien
1. Ein klarer politischer Wille
2. Maßvolle Kompromisse
3. Eine Zusammenarbeit, die auf Freiwilligkeit basiert – unsere politische Zusammenarbeit ist projektbezogen – man kann mitmachen oder nicht.
4. Und eine Zusammenarbeit bei der sich die Partner gleichwertig begegnen.
Jede Gemeinde, unabhängig der Gemeindegröße, habe eine Stimme – also eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Jeder bringe gleich viel Gewicht ein und sei gleich wichtig.
Ziel für die Zukunft
Die Ziele und die Vorteile der interkommunalen Zusammenarbeit seien vor 40 Jahren wie heute dieselben geblieben stellte Konstantin Braun fest:
· Vermeidung ruinöser Konkurrenz
· Das Suchen und Wahrnehmen von Synergien
· Die Profilierung und Positionierung gemeinsamer Anliegen
· Eine wirtschaftliche Finanzierung unserer Aufgabenerfüllung
· Selbstverwaltung vor Ort
Er wünsche sich, dass von diesem Abend eine Werbung für die Leistungskraft unserer Gemeinden ausgehe und wir auch in der Zukunft viele überzeugte Fürsprecher in Politik und Gesellschaft für diese Verwaltungsform und die selbständigen Gemeinden mit dieser von Herr Erwin Teufel formulierten Feststellung und Einstellung haben: „In der Selbständigkeit liegt die Stärke“
In den Mittelpunkt seiner Festansprache hob Altministerpräsident Erwin Teufel das „Subsidaritätsprinzip“. Dieses bedeutet, dass zunächst der Einzelne sich für sich selbst und seinen Nächsten verantwortlich fühlen sollte. Erst, wenn dieser die an ihn gestellten Aufgaben nicht bewältigt, soll Hilfe in Form freier Träger greifen, danach erst ist die Öffentlichkeit gefordert. Hierbei ist zunächst von einer Aufgabenallzuständigkeit der Kommunen und somit der untersten staatlichen Einheit auszugehen. „Die Gemeinde ist das Wichtigste für die Menschen, hier können sie sich selber einbringen“, so Erwin Teufel. Der Gemeinde übergeordnete Einheiten seien in der „Beweispflicht“, nicht dass sie Aufgaben selbst erfüllen können, sondern, dass eine sinnvolle und wirtschaftliche Aufgabenerfüllung auf Gemeindeebene nicht möglich ist. Die Keimzellen der Demokratie, die Gemeinden, die so Teufel, durch den Mut und die Tatkraft der Menschen unmittelbar in den Jahren nach dem 2. Weltkrieges wieder aufgebaut wurden, gelte es zu erhalten.
Der Ministerpräsident führte aus, zu seinem eigenen politischen Bemühen, damals als Staatssekretär im Innenministerium, die Selbständigkeit der Gemeinden zu erhalten. Nachdem eine Große Koalition 1966 bis 1972 in Baden-Württemberg eine Kreis- und Gemeindereform eingeleitet hatte, ist es insbesondere seinem Einsatz zu verdanken, dass neben der Einheitsgemeinde die Verwaltungsgemeinschaften und Gemeindeverwaltungsverbände als möglicher freiwilliger Zusammenschluss insbesondere kleiner Gemeinden als neue Verwaltungsform geboren wurde. Die Verwaltungsgemeinschaften, so Teufel, seien Einheitsgemeinde in allem ebenbürtig, ja sogar vielfach überlegen, denn die Identifikation der Bürger mit ihrer Gemeinde konnte erhalten werden. Diese Verwaltungsform folgt dem Grundsatz der Subsidarität. Das eigene Rathaus vor Ort bleibt bestehen, der Bürger kann sich an dieses – an seinen Bürgermeister – weiterhin mit allen Anliegen wenden. Mechanisierte und in Vielzahl vorkommende Arbeiten können im Hintergrund von einer Verbandsverwaltung effizient erledigt werden.
Auch Landtagspräsident MdL Guido Wolf, der zweite Festredner des Abends, würdigte Erwin Teufel als „Vater der dezentralen Strukturen“ in Baden Württemberg. In der Kleinheit einer Struktur könne auch ihre Stärke liegen. Der Landkreis Tuttlingen mit seinen knapp 130.000 Einwohnern und 35 Gemeinden sei ein Musterbeispiel hierfür. „Was könnten wir, wenn wir zusammenstünden?“ Unter diesen Ausspruch von Schiller aus Wilhelm Tell, stellte Wolf seinen Vortrag. Der Gemeindeverwaltungsverband könne als eine Art „Eidgenossenschaft“ gesehen werden; kommunale Stärke kann auch gemeinsam gelebt werden. Mehrfach betonte Wolf die Wichtigkeit des ländlichen Raumes, der in seiner Stärke ein Markenzeichen Baden-Württembergs sei. Diese Stärke gelte es zu erhalten. Die „Stärke“ definierte Wolf als die hier in der Region lebenden Menschen. Die Herausforderungen des demografischen Wandels gelte es anzunehmen, auch hier können sich Chancen für einen positiven Wandel der Gemeinden ergeben. Wichtig sei es die Versorgung auch in der Dezentralität zu sichern. Ebenso gelte eine Anerkennung der Landwirtschaft.
Ziel für die Zukunft müsse es sein nicht überall im Land identische Lebensbedingungen zu schaffen, aber gleichwertige. Hierfür sei in Zukunft eine immer stärkere Abstimmung auf kommunaler Ebene erforderlich. Der Gemeindeverwaltungsverband Donau-Heuberg habe dabei mit seinem Zusammenschluss bereits vor 40 Jahren die Weichen richtig gestellt. Der Verband sei offensiv und richtig aufgestellt für die Zukunft. Als Symbol für den 40-jährigen Zusammenschluss übereichte Wolf den Bürgermeistern des Verwaltungsverbands eine „Geburtstagstorte“ die die Wappen aller Mitgliedsgemeinden zierte.
Ein Grußwort in Vertretung für Herrn Landrat Bär sprach dessen Stellvertreter und Erster Landesbeamter Stefan Helbig.